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Geht euren Weg - eure Optionen sind endlos!

Manchmal, wenn vierbeinige Patienten mit ihren Menschen zu mir in die Tierheilpraxis kommen, treffen sie draußen auf Aragorn und Nanuk, die noch ein bisschen auf „ihrer“ Wiese herumlungern. Der eine zählt Gänseblümchen, der andere notiert sich die KFZ-Kennzeichen vorbeifahrender Autos... schließlich hat hier jeder seinen Auftrag, und der wird ordnungsgemäß ausgeführt. Kommen Hundeschulkunden oder Patientenbesitzer geht´s natürlich sofort ab in die gute Stube - aus Gründen. Bei uns sieht das dann so aus: Pfiff - Tür auf - Hunde rein - Tür zu - ferrdsch! Und wenn jetzt nicht gerade die in der Standhitze befindliche Hündin am Gartentor steht, funzt das Ganze eigentlich auch richtig gut. Eventuell bestehende Diskussionsgrundlagen werden - ohne Stuhlkreisbildung - besprochen, und im Endeffekt wird dann gemacht, was ich sage, weil isso. Oft höre ich dann: „Puh, das bräuchte ich gar nicht erst zu versuchen, das würde bei uns eh nicht klappen!" Oder: "Wow, wie toll ihre Hunde hören obwohl ein anderer Hund in der Nähe ist!“ Oder aber: „In so einer Situation klappt das bei uns leider nicht!“ Ähm… in welcher denn dann? Wenn der Hund Lust dazu verspürt? Wenn der Außenreiz aus Sicht des Hundes gesehen weniger interessant ist als Frauchen oder Herrchen? Wenn man die „richtigen“ Leckerlis dabeihat?!?!??? Oder würde es vielmehr besser funktionieren, wenn Mensch und Hund ein Team sind? Wenn der Hund gelernt hat „seinem“ Menschen zu vertrauen? Wenn er ihn akzeptiert, ihn respektiert, und wenn er erfahren durfte, dass „sein“ Mensch ihn souverän, authentisch und sicher durchs Leben bringt?

Spätestens an dieser Stelle sollte man sich fragen, was denn eine gute Mensch-Hund-Beziehung eigentlich ausmacht. Natürlich, „gut“ ist ein relativ dehnbarer Begriff, der aus Sicht des jeweils Betroffenen sicherlich unterschiedlicher Auslegung unterliegt. Trotzdem sollte man sich ganz schnell von solchen Aussagen wie „Mein Hund liebt mich“ und „Mein Hund ist mir dankbar“ und „Mein Hund würde mich niemals verletzen“ distanzieren. Und auch wenn es noch so sehr schmerzt, sollten wir uns eingestehen, dass der Spezies Hund solche Begrifflichkeiten wie Liebe, Dankbarkeit, Loyalität usw. - im menschlichen Sinne empfunden - völlig abgeht. Hunde verhalten sich rein opportun. Das heißt: aus Nützlichkeitserwägungen passen sie sich blitzschnell und bedenkenlos der jeweils gegebenen Lage an. Das ist schlau. Sehr schlau. Und damit kriegen sie uns. Alle. In der Beziehung zwischen Mensch und Hund spielen jedoch auch noch andere Faktoren eine entscheidende Rolle, wie z.B. Genetik, biotische/abiotische Faktoren, erlerntes Verhalten, Wertigkeiten, Faktoren der belebten/unbelebten Umwelt, Ko-Abhängigkeiten uvm. Zudem gibt es viele Studien (ja, tatsächlich auch seriöse) die verdeutlichen, dass Hunde uns Menschen besser „verstehen“ als gedacht.

Also hören wir endlich damit auf uns das Ganze schönzureden und mit menschlichen Schnörkeln zu versehen und fangen endlich damit an, den Hund als das hochsoziale und intelligente Wesen wahrzunehmen und zu respektieren, was es ist. Hunde brauchen kein 08/15-Training ausschließlich basierend auf Unterordnung und Gehorsam. Sie brauchen hundgerechte und hundverständliche Führung - so wohlwollend und Hilfestellung gebend wie möglich, und so viel Grenzen setzend wie nötig. Emotionen lassen sich nicht wegkeksen oder -kommandieren. Verhalten und Emotionen müssen hinterfragt werden, und gegebenenfalls müssen auch gesundheitliche Aspekte als Wesentliches und Ursächliches für (vermeintliches) Fehlverhalten in Betracht gezogen werden. Und erst dann, wenn Hundehalter sich hierfür öffnen, und zwar mit all der Offenheit, Verletzlichkeit und Stärke, die das im Kern bedeutet, haben Hund und Mensch die Chance auf ein stressfreies und harmonisches Miteinander.

In diesem Sinne: Hinterfragt die Beziehung zu eurem Hund, hinterfragt den Umgang mit eurem Hund! Geht es um ERrziehung, geht es um BEziehung? „Versteht“ ihr euch? Geht ihr einen gemeinsamen Weg? Hinterfragt eure eigene Erwartungshaltung - damit fängt vieles an. Und dann: GEHT EUREN WEG - EURE OPTIONEN SIND ENDLOS!





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